Physik-Nobelpreis 2022 Auszeichnung für drei Quantenforscher
Für ihre wegweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Quantenforschung erhalten der Franzose Alain Aspect, der US-Amerikaner John Clauser und der Österreicher Anton Zeilinger in diesem Jahr den Physik-Nobelpreis.
Ihre Experimente hätten den Grundstein für eine neue Ära der Quantentechnologie gelegt, begründete die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm ihre Entscheidung. Die drei Laureaten hätten mit bahnbrechenden Experimenten gezeigt, dass es möglich ist, Teilchen zu untersuchen und zu kontrollieren, die sich in verschränkten Zuständen befinden.
Grundlage für Quantencomputer
In der Quantenphysik können zwei oder mehr Teilchen miteinander verschränkt sein. Das bedeutet: Ihre Zustände sind voneinander abhängig. Was mit einem der Teilchen in einem verschränkten Paar geschieht, bestimmt, was mit dem anderen Teilchen geschieht. Das gilt auch, wenn beide Teilchen weit voneinander entfernt sind. Albert Einstein lehnte dieses Phänomen ab und bezeichnete sie als "spukhafte Fernwirkung".
Alain Aspect, John Clauser und Anton Zeilinger konnten jedoch zeigen, dass Teilchen tatsächlich verschränkt sein können und sich beobachten lassen. Das brachte die hochkomplexe und für viele mysteriöse Quantenmechanik auf den Weg zur praktischen Anwendung. Inzwischen wird an Quantencomputern, Quantennetzen und sicher verschlüsselter Quantenkommunikation geforscht, die versprechen, viel leistungsfähiger als bisherige Technologien zu werden.
Experimente beweisen Verschränkung von Teilchen
Preisträger John Clauser (79), der unter anderem an der New Yorker Columbia University forschte, wurde vor allem für den experimentellen Nachweis geehrt, dass der verschränkte Zustand nicht durch irgendwelche unbekannten Parameter erzeugt wird. Dies war eine lange diskutierte mögliche Erklärung. Mit seinen Experimenten bestätigte er die Quantenmechanik. Der französische Physiker Alain Aspect (75) von der Université Paris-Saclay und der École polytechnique Palaiseau verfeinerte die experimentellen Messungen von Clauser, so dass weiter bestehende Zweifel an der Theorie ausgeräumt werden konnten. Beide untersuchten in ihren Experimenten die Polarisation von Photonen.
Übertragung mit Quantenteleportation
Das tat auch Anton Zeilinger (77), Professor an der Universität Wien, der mithilfe von Laserlicht verschränkte Photonen schuf. Seine Forschungsgruppe wies unter anderem ein Phänomen namens Quantenteleportation nach. Damit ist es möglich, einen Quantenzustand von einem Teilchen auf ein anderes zu übertragen, das sich in einer gewissen Entfernung befindet. Die Experimente trugen ihm in Anlehnung an die Serie „Star Trek“ den Spitznamen „Mr. Beam“ ein. Die Quantenteleportation habe ihn völlig verblüfft, sagte Zeilinger in einem Interview zu seinem 75. Geburtstag: „Das hat mich damals von den Socken gehauen und haut mich heute noch von den Socken.“
Gut eine Stunde vor der öffentlichen Verkündung hatte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften ihm mitgeteilt, dass er zu den diesjährigen Preisträgern zählt. „Dieser Preis ist eine Ermutigung für junge Menschen - er wäre nicht möglich ohne die mehr als 100 jungen Menschen, die über die Jahre hinweg mit mir gearbeitet haben“, sagte Zeilinger.
Physik-Nobelpreis 2021 an Komplexitätsforscher
Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an drei Wissenschaftler, die mit ihrer Arbeit zu einem besseren Verständnis komplexer Phänomene der Natur beigetragen haben. Einer von ihnen war Klaus Hasselmann, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg. Er entwickelte ein Modell, das Wetter und Klima miteinander verknüpft. Damit konnte er zeigen, dass das Klima zuverlässig modelliert werden kann, obwohl das Wetter oft wechselhaft und chaotisch ist.
Deutsche Physik-Nobelpreisträger
Chronik: Physik-Preisträger der vergangenen Jahre
- 2021: Klaus Hasselmann (Deutschland), Syukuro Manabe (Japan) und Giorgio Parisi (Italien) für die Erforschung Klimawandels bzw. für die Forschung zur Theorie komplexer Systeme
- 2020: Reinhard Genzel (Deutschland), Roger Penrose (Großbritannien) und Andrea Ghez (USA) für ihre Studien zum Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße.
- 2019: James Peebles (Kanada) für seine Kosmologie-Theorien und Michel Mayor und Didier Queloz (Schweiz) für die erste Entdeckung eines Exoplaneten
- 2018: Arthur Ashkin (USA), Donna Strickland (Kanada) und Gérard Mourou (Frankreich) für ihre Entwicklungen in der Laserphysik
- 2017: Rainer Weiss, Barry Barish und Kip Thorne (alle USA) für den ersten direkten Nachweis im All entstehender Gravitationswellen
- 2016: David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz (Großbritannien) für ihre Arbeiten zu seltsamen und ungewöhnlichen Zustände von Materie.
- 2015: Takaaki Kajita (Japan) und Arthur B. McDonald (Kanada) für die Entdeckung, dass auch Neutrinos Masse besitzen
- 2014: Isamu Akasaki, Hiroshi Amano and Shuji Nakamura aus Japan für ihre Erfindung der LED als einer neuen energiesparenden und umweltfreundlichen Lichtquelle
- 2013: Der Belgier François Englert und der Brite Peter Higgs für ihre Entdeckung des Elementarteilchens Higgs-Boson
- 2012: Der Franzose Serge Haroche und der Amerikaner David J. Wineland für die von ihnen entwickelten Methoden Quantenteilchen zu messen, ohne dass diese kleinsten Teilchen der Materie Schaden nehmen.
- 2011: Die US-Amerikaner Saul Perlmutter, Brian P. Schmidt, Adam G. Riess erhalten die Auszeichnung, weil sie durch das Beobachten von Supernovae beweisen konnten, dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt.
- 2010: Die Briten Andre Geim und Konstantin Novoselov für die Entwicklung von Graphem, dem dünnsten und stärksten Material aus Kohlenstoff.
- 2009: Charles Kuen Kao, Willard Sterling Boyle und George Elwood Smith für ihre Forschung mit Lichtimpulsen und Lichtsensoren im Einsatz moderner Kommunikationsmittel.
- 2008: Der US-Amerikaner japanischer Herkunft Yoichiro Nambu und seine japanischen Kollegen Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa erhalten die Auszeichnung für ihre Erkenntnisse in der Teilchenphysik.
- 2007: Der Deutsche Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich der Helmholtz-Gemeinschaft zusammen mit dem Franzosen Albert Fert für ihre Beiträge zur Erforschung des Riesen-Magnet-Widerstands, der für den Lesevorgang bei Computer-Festplatten verwendet wird.
- 2006: John C. Mather und George F. Smoot (beide USA) für den Nachweis winziger Temperaturschwankungen in der sogenannten kosmischen Hintergrundstrahlung, dem "Echo des Urknalls".
- 2005: Roy J. Glauber (USA) für Grundlagen der Quantenoptik sowie John L. Hall (USA) und Theodor W. Hänsch (Deutschland) für die Entwicklung einer Laser-basierten Präzisionsmesstechnik für Lichtfrequenzen.
- 2004: David J. Gross, H. David Politzer und Frank Wilczek (alle USA) für Erkenntnisse zur Kraft zwischen den kleinsten Materieteilchen im Atomkern, den Quarks.
- 2003: Alexej Abrikosow (USA und Russland), Vitali Ginsburg (Russland) und Anthony Leggett (USA und Großbritannien) für bahnbrechende Arbeiten zu Supraleitern und Supraflüssigleiten.
- 2002: Raymond Davis (USA), Masatoshi Koshiba (Japan) und Riccardo Giacconi (USA) für die Entdeckung kosmischer Röntgenstrahlen und Neutrinos.
- 2001: Wolfgang Ketterle (Deutschland), Eric A. Cornell (USA) und Carl E. Wieman (USA) für die Erschaffung des Bose-Einstein- Kondensats, der fünften Erscheinungsform der Materie neben fest, flüssig, gasförmig und dem Plasma.