Sachtexte Textproduktion - Von der Tabelle zum Text
Hier beantworten wir folgende Fragen:
- Welche Merkmale hat ein Zieltext?
- Wie verknüpfen wir, was der Autor tut und was er sagt?
- Wie formulieren wir mit eigenen Worten, was die Autorin oder der Autor sagt?
Auf Basis der Lektüre und Analyse des Ausgangstextes entsteht der Zieltext.
Die Einleitung enthält Angaben zur Autorin oder zum Autor, zum Titel und zum Anlass des Textes. Außerdem werden Textsorte, Thema und Intention genannt.
In den Hauptteil schreiben wir, was der Autor sagt, in Verbindung mit dem, was er tut, wenn er etwas sagt. In der Fachterminologie nennen wir das "Sprachhandlungen". Im Ausgangstext wird meistens nicht ausdrücklich gesagt, was die Autorin oder der Autor tut. Diese Sprachhandlungen müssen wir selbst herausfinden.
Wie war das noch einmal mit den Sprachhandlungen? Hier eine Rekapitulation der Erläuterungen aus Kapitel 4:
Distanz zum Ausgangstext:
Sie entsteht dadurch, dass wir den Text wie von oben betrachten und über den Text Auskunft geben, über ihn informieren.
Eigene Formulierungen:
Die Distanz zum Ausgangstext zeigt sich auch darin, dass wir Informationen zusammenfassen oder auf Einzelheiten verzichten. Damit der Text kürzer wird und damit klar wird, dass wir über einen Text schreiben, müssen wir uns vom Wortlaut und dem Satzbau des Ausgangstextes lösen.
Beschreibungssprache:
Damit das gelingt, müssen wir benennen können, was die Autorin oder der Autor tut.
Tipp:
Es hat sich bewährt, zuerst den Hauptteil zu schreiben und für die Einleitung eine halbe Seite Platz lassen, weil man für die Einleitung den ganzen Text verstanden haben muss. Thema, Kernaussagen und Intention sind oft erst am Ende geklärt.
Die Textanalyse, die wir schreiben, ist ein informierender Text: ein Sachtext, der über einen anderen Sachtext informiert. Am wichtigsten ist die Distanz zum Ausgangstext. Sie zeigt sich darin, dass wir
- formulieren, was der Autor tut, und es mit dem verknüpfen, was er sagt. Dazu brauchen wir besondere Verben, nämlich Wiedergabeformeln.
- das, was die Autorin oder der Autor sagt, in eigenen Worten formulieren. Abschreiben darf man nur, wenn man zitiert.
Wir nehmen uns drei Absätze aus dem Ausgangstext "Identitätsdiebstahl. Die unsichtbare Dritte" von Daniela Kuhr vor (Süddeutsche Zeitung vom 21. Juli 2014):
"Identitätsdiebstahl - noch vor wenigen Monaten wusste Peter Siebert (Namen geändert) gar nicht, was das ist. Dann kam der Tag, an dem er selbst Opfer wurde - und seine bis dahin völlig normale Welt zusammenbrach. Von einem Moment auf den nächsten war er auf sich allein gestellt, umgeben nur noch von Misstrauen. Seine Bank misstraute ihm, die Polizei misstraute ihm, Anwälte misstrauten ihm. Der Fall des Paketzustellers aus Bayern zeigt, was für verheerende Folgen es haben kann, wenn ein Fremder sich der Identität bemächtigt. Er zeigt vor allem aber auch, wie leicht das ist. Da müssen nicht erst Schutzmechanismen versagen, nein, viel schlimmer: Es gibt gar keine. Und das heißt nichts anderes als: Was Peter Siebert passiert ist, kann jedem passieren."
Daniela Kuhr: Identitätsdiebstahl. Die unsichtbare Dritte, SZ vom 21. Juli 2014
"Wenn man versucht herauszufinden, wer hier versagt hat, wird es schwierig. Tatsache ist, dass es in der gesamten Kette der Beteiligten niemand für nötig hielt, wenigstens einmal zu überprüfen, ob der Mann, an den sie hier dauernd Waren, Rechnungen und Mahnungen senden, auch tatsächlich da wohnt, wo sie ihre Sachen hinschickten. Beim Versandhändler heißt es, das mache man nie. Schließlich sei es ja gerade der Service, 'dass wir an die Wunschadresse liefern und nicht ausschließlich an die Meldeadresse'.
Beim Inkassobüro sagt die Sprecherin: 'Solange wir Briefe nicht zurückbekommen, haben wir keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Adresse stimmt.' Und selbst beim Amtsgericht Hamburg, das den Vollstreckungsbescheid zustellen ließ, bestätigt man, dass normalerweise nicht überprüft werde, ob Zustell- und Meldeadresse übereinstimmen."
Daniela Kuhr: Identitätsdiebstahl. Die unsichtbare Dritte, SZ vom 21. Juli 2014
"Zumindest aber die Schufa hätte erkennen können, dass die Adressen nicht übereinstimmen, schließlich war Siebert bislang mit einer anderen Adresse bei ihr gemeldet. Doch statt bei ihm nachzufragen, wurde der vom Inkassobüro gemeldete negative Vermerk bei Siebert eingetragen - und seine Adresse aktualisiert. Ganz nach der Devise: Menschen, die Waren bestellen, ohne sie zu bezahlen, ziehen ja gern mal heimlich um. Bei alledem hatte Siebert Glück im Unglück. Immerhin hatte die Frau nicht auch noch seine Kontodaten verwendet."
Daniela Kuhr: Identitätsdiebstahl. Die unsichtbare Dritte, SZ vom 21. Juli 2014
Wir halten in einer Tabelle fest, was die Autorin tut. Dazu nutzen wir Wiedergabeformeln:
- Die Autorin erzählt die Geschichte von Peter Siebert.
- Sie setzt bestimmte sprachliche Mittel ein, um die Geschichte glaubwürdig und lebensnah zu machen.
- Sie sieht von Sieberts Geschichte ab und verallgemeinert sie.
- Sie kritisiert die beteiligten Institutionen.
- Sie bewertet abschließend Sieberts Geschichte.
Tabelle | Zieltext
Was wir tun müssen |
---|---|
1. Die Autorin erzählt die Geschichte von Peter Siebert. | Wir schreiben:
"Die Autorin erzählt die Geschichte von Peter Siebert." und dann geben wir sachlich wieder, was die Autorin über Identitätsdiebstahl und seine Folgen für Siebert sagt. Wir schreiben, was man wissen muss, um Sieberts Geschichte zu verstehen. |
2. Sie setzt bestimmte sprachliche Mittel ein, um die Geschichte glaubwürdig und lebensnah zu machen. | Wir schreiben:
"Die Autorin setzt bestimmte sprachliche Mittel ein, um die Geschichte glaubwürdig und lebensnah zu machen. · Sie lässt Siebert zu Wort kommen. · Sie nennt konkrete Einzelheiten dieses Falls. · Sie gibt den Lesern Einblick in Sieberts Gefühle und Gedanken, um seine Situation nachvollziehbar zu machen." Für jeden dieser drei Punkte geben wir ein Beispiel in Form eines Zitats. |
3. Sie sieht von Sieberts Geschichte ab und verallgemeinert sie. | Wir schreiben:
"Die Autorin erweitert nun die Perspektive und verallgemeinert Sieberts Geschichte." Hier zitieren wir den wichtigen Satz: "Was Peter Siebert passiert ist, kann jedem passieren." |
4. Sie stellt fest, dass man nur schwer herausfindet, wer in Sieberts Fall versagt hat. | Wir schreiben:
"Die Autorin stellt fest, dass nur schwer herauszufinden ist, wer in Sieberts Fall versagt hat." Jetzt müssen wir mit eigenen Worten knapp darstellen, warum das so ist. Dabei müssen die Antworten der Befragten nicht wiedergeben werden. Aber sie müssen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Wir schreiben: "Sie hat den Versandhändler, das Inkassobüro und das Amtsgericht Hamburg befragt und alle drei haben sich zu rechtfertigen versucht." |
5. Sie kritisiert die beteiligten Institutionen. | Wir schreiben:
"Die Autorin verbindet die Information mit Kritik an den beteiligten Einrichtungen. Diese Kritik gilt vor allem der Schufa." Hier müssen wir den entsprechenden Textabschnitt in eigenen Worten knapp wiedergeben, z. B. so: "Die Schufa hätte nachfragen müssen, was es mit der Adressenänderung auf sich hat und hätte die vom Inkassobüro gemeldete neue Adresse nicht einfach übernehmen dürfen." |
6. Sie bewertet abschließend Sieberts Geschichte. | Wir schreiben:
"Abschließend kommt die Autorin wieder auf den besonderen Fall Sieberts zurück. Sie bewertet ihn als 'Glück im Unglück', denn die Täterin habe nicht auch noch seine Kontodaten missbraucht." |
Verwende auch Verbindungswörter zwischen den Sätzen oder Abschnitten, wie zum Beispiel
- im Anschluss
- darüber hinaus
- am Ende
Du kannst auch die Wiedergabeformeln als Anschluss verwenden, z. B.: "als Konsequenz formuliert der Autor"
1.
Formulierungen wie "Der Autor sagt/schreibt/meint", "im Text steht", "im Text steht ein Zitat" zu verwenden, statt in eigenen Worten zusammenzufassen
Kennzeichen des Zieltextes
- Distanz zum Ausgangstext
- Eigene Formulierungen
- Beschreibungssprache
Tipps für die Textproduktion
- Zuerst den Hauptteil schreiben
- Die passenden Wiedergabeformeln wählen
- Den Textinhalt mit den Wiedergabeformeln verknüpfen
- Auf Verbindungswörter zwischen den Sätzen oder Abschnitten achten