Übung Printmedien
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Frage:
"Jede Aufklärung über die Bild-Zeitung ist vergeblich, weil es nichts über sie zu sagen gibt, was nicht alle schon wüssten. Das gilt nicht nur für diejenigen, die die Zeitung machen. Es gilt vor allem für ihre Leser, deren Zynismus hinter dem der Macher nicht zurücksteht. Ihre selbstverschuldete Unmündigkeit erwartet keinen Befreier. Sie ist sich durchaus ihrer selbst bewusst. An diesem Schuldbewusstsein scheitert alle Aufklärung, weil es bereits aufgeklärt ist."
Dieses abgeklärte Statement macht der bissige Essayist, Lyriker und erfolgreiche Kinderbuchautor (Der Zahlenteufel) Hans Magnus Enzensberger in Mittelmaß und Wahn S.83, bevor er die Leser auf seine Weise aufklärt über das wahre Wesen von Bild-Zeitung und Journalismus überhaupt.
Immer wieder rannten die Intellektuellen gegen den Stil und den fragwürdigen Journalismus der Bild-Zeitung an. Welche bekannten Schriftsteller legten sich besonders heftig mit der Bild-Zeitung an?
Antwort:
Eine große öffentliche Kontroverse um die Bild-Zeitung entfesselte Heinrich Böll.
Er verglich in seinem Spiegel-Artikel "Will Ulrike Meinhof Gnade oder freies Geleit?" vom 10. Januar 1972 die Rolle der Bild-Zeitung während der Fahndung nach der Baader-Meinhof-Gruppe mit der des Stürmer im Nationalsozialismus.
Er forderte, dass man Axel Springer einen "öffentlichen Prozess" machen müsse, "wegen Volksverhetzung" (Mediengeschichte S.705). Die kurze Böll-Biographie vom Lebendigen virtuellen Museum Online (LeMO) gibt einen ersten Überblick über das Leben und enorme politische Engagement des Nobelpreisträgers von 1972.
Wer sich auf ganz andere Weise mit der Bild-Zeitung angelegt und dadurch viel öffentlichen Wirbel veranstaltet hat, war Günther Wallraff. Vier Monate lang hat er 1976 unter falschem Namen bei Bild Hannover gearbeitet, um die "besondere geistige Spielart von Gewalt" dieser Zeitung näher kennen zu lernen. Bild versuchte durch eine einstweilige Verfügung die Veröffentlichung seiner Enthüllungsstory zu verhindern: Wallraff habe die Treuepflicht des Journalisten gegenüber seinem Auftraggeber verletzt.
Aber Wallraff siegte. Das Gericht urteilte, die Pflicht der Journalisten, die Öffentlichkeit über fragwürdige und öffentlich relevante Praktiken der Medien zu informieren, sei wichtiger als die Treuepflicht des Journalisten gegenüber seiner Zeitung. Der Aufmacher, sein Insider-Bericht über die Opfer und Praktiken von Bild war jahrelang ein Bestseller bei Kiepenheuer und Witsch.
Literatur:
- Jürgen Wilke (Hg). Mediengeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bundeszentrale für politische Bildung. Schriftenreihe Band 361, Bonn 1999.
- Hans Magnus Enzensberger. Mittelmaß und Wahn. Gesammelte Zerstreuungen. Frankfurt 1991
- Günther Wallraff. Der Aufmacher. Der Mann, der bei Bild Hans Esser war. Köln 1977