Eizellen einfrieren Lässt sich die Fruchtbarkeit verlängern?
Immer mehr junge Frauen überlegen, ob sie ihre Eizellen einfrieren lassen sollen. Über Social Freezing lässt sich die Dauer der Fruchtbarkeit verlängern. Eine Garantie, dass der Kinderwunsch in Erfüllung geht, ist das trotzdem nicht.
Eizellen einfrieren: Wie ist der Ablauf?
Innerhalb eines Zyklus reifen in der Regel zwischen fünf und 15 Eizellen heran, die sogenannte "Kohorte". Unter natürlichen Voraussetzungen setzt sich allerdings nur eine Eizelle durch, reift aus und ist während des Eisprungs bereit für die Befruchtung. Beim Social Freezing werden die Eizellen über ungefähr acht bis zwölf Tage durch eine Hormonbehandlung stimuliert, damit möglichst viele richtig ausreifen, abgesaugt und anschließend eingefroren werden können.
Über Ultraschall wird der Reifungsprozess der Eizellen beobachtet. Sind die Eizellen reif für die Befruchtung, werden sie mithilfe einer winzigen Nadel aus dem Eierstock entnommen und über die Vagina herausbefördert. Danach werden sie im Labor mit flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius schockgefroren. Dadurch wird der biologische Alterungsprozess der Eizellen aufgehalten. Die Prozedur dauert etwa eine halbe Stunde und wird unter Narkose durchgeführt. Wenn die Schwangerschaft erwünscht ist, wird die Eizelle aufgetaut und künstlich befruchtet. Entsteht ein Embryo daraus, wird er in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt. Mehr über die künstliche Befruchtung erfahrt ihr hier.
Video: Von der Science Fiction zur Reproduktionsmedizin
Social Freezing: Für wen ist das sinnvoll?
Ursprünglich wurde das Verfahren für Frauen entwickelt, denen eine Therapie bevorstand, beispielsweise eine Chemotherapie, bei der sie nicht sicher sein konnten, ob sie danach noch fruchtbar sein würden oder nicht. In diesem Fall sprechen Wissenschaftler von Medical Freezing. Wenn also eine medizinische Indikation vorliegt.
In den letzten Jahren interessieren sich jedoch immer mehr junge Frauen für das sogenannte Social Freezing: Gesunde Frauen, die im Berufsleben stehen, eventuell noch nicht den richtigen Partner gefunden haben, sich aber Kinder wünschen, lassen sich Eizellen entnehmen, um zu einem späteren Zeitpunkt schwanger zu werden. "Prinzipiell kann es für eine junge Frau psychologisch entlastend sein, zu wissen, dass sie ein Eizellen-Depot hat, auf das sie später zurückgreifen kann", sagt Prof. Nina Rogenhofer vom Hormon- und Kinderwunschzentrum am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität. "Auch wenn sich häufig der Kinderwunsch auf natürliche Weise erfüllt, weil die Frau einige Jahre später einen Partner gefunden hat." Eingefrorene Eizellen können so eine Art Rückversicherung für eine Schwangerschaft sein. Eine Garantie sind sie allerdings nicht.
In welchem Alter sollte man Eizellen einfrieren lassen?
Grundsätzlich sind sich die Experten für Reproduktionsmedizin darin einig: Je früher, desto besser, idealerweise zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr, maximal im 35. Lebensjahr. Warum? Weil zu diesem Zeitpunkt die genetischen Veränderungen in den Eizellen selbst noch gering sind und in der Regel die Reserve der Eizellen in den Eierstöcken noch ausreichend ist. "Unter 30 sind noch 70 Prozent der Eizellen intakt", erklärt Kinderwunschtherapeutin Christine Büchl. Bei einer Frau um die 40 ist dann nur noch eine von acht Eizellen in Ordnung. Auch der Vorrat an Eizellen ist dann beträchtlich kleiner. Deswegen empfehlen viele Fachleute, sich bei einem Kinderwunsch früh zu diesem Schritt zu entscheiden, dann sei die Aussicht auf eine spätere Schwangerschaft höher.
Die Realität in den Kinderwunschzentren sieht allerdings anders aus, berichtet Prof. Nina Rogenhofer vom Hormon- und Kinderwunschzentrum am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität. Junge Frauen zwischen 25 und 30 hätten häufig das Thema Familiengründung noch nicht im Fokus ihres Lebensplans. Und sind auch nicht bereit, das Geld für eine solch kostspielige Behandlung aufzubringen. Die meisten Frauen, die zu ihr in die Sprechstunde kämen, seien Mitte bis Ende 30. Für viele stehen der Beruf und die Karriere im Vordergrund oder sie haben keinen Partner. "Manche Beziehungen gehen auch auseinander, wenn es heißt: Kinder kriegen - ja oder nein?", erklärt Rogenhofer. "Dann stehen die Frauen mit 35 da, sind allein und spüren natürlich einen riesigen Druck".
Deswegen ist Nina Rogenhofer skeptisch gegenüber strengen Richtlinien und Alterskorridoren. "Wichtig ist eine individuelle Beratung der Frau im Hinblick auf die zu erwartende Erfolgswahrscheinlichkeit, auf die Risiken sowie die anfallenden Kosten vor dem Hintergrund ihrer aktuellen Lebenssituation. So kann die Frau eine für sie passende Entscheidung treffen."
Video: Was für Social Freezing spricht
Eizellen einfrieren: Was kostet das?
Die Behandlung kostet pro Zyklus um die 4.000 Euro. Davon gehen allein 1.500 Euro für Medikamente ab. Bei einer jungen Frau unter 30 sind in der Regel zwei Zyklen nötig, um ein ausreichendes Depot von 25 bis 30 Eizellen aufbauen zu können. Je größer das Depot, desto höher sind die Chancen später auf eine Schwangerschaft. Bei einer Frau um die 40 ist ein noch größeres Depot vonnöten, deswegen muss sie mit drei bis vier Eizellenentnahmen rechnen. Hinzu kommen noch jährliche oder halbjährliche Kosten für die Lagerung. Das sind zwischen 200 und 300 Euro im Jahr. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, ist mit den Kosten schnell bei einem fünfstelligen Bereich.
Wenn eine medizinische Indikation vorliegt, das heißt, wenn eine Frau aufgrund einer Erkrankung verfrüht ihre Fruchtbarkeit verliert, übernimmt die Krankenkasse die Kosten komplett. Beim Social Freezing muss die Frau die Behandlung selbst bezahlen.
Social Freezing: Wie hoch ist die Erfolgsquote?
Über Social Freezing lässt sich die natürliche Fruchtbarkeit einer Frau durchaus verlängern. Eine Garantie für die Erfüllung eines Kinderwunsches ist das nicht. Ob sich eine Schwangerschaft einstellt, hängt von vielen Faktoren ab. Wie überstehen die gefrorenen Eizellen die Lagerung? Wie ist die Spermaqualität des Partners? Bei einer Frau Anfang 30, die über ein Depot von 30 Eizellen verfügt, liegt die Chance, ein Kind zu bekommen, bei 80 Prozent. Bei einer Frau Anfang 40, die ebenso viele Eizellen gelagert hat, ist die Quote deutlich geringer, bei 50 Prozent. Verfügt sie lediglich über zehn Eizellen, liegt die Erfolgsrate nur noch bei 20 Prozent.
Video: Leben mit unerfülltem Kinderwunsch
Mehr Infos: Quellen, Links und Sendungen zu Social Freezing und Reproduktionsmedizin
- Pro und kontra Social Freezing: Artikel von J. Pape und S. Tschudin, Gynäkologische Endokrinologie, 2023
- Informationen zur Kinderwunschbehandlung: Deutsches IVF-Register
- "Was bringt Social Freezing?": Kollegengespräch, Bayern 3 am Vormittag, 10.10.2024, 09.00 Uhr
- "Eizellen einfrieren - Alternative für späteren Kinderwunsch?": Die Ratgeber, hr-fernsehen, 19.06.2024, 18.45 Uhr
- "Kryokonservierung - Können wir uns einfrieren?": alles wissen, hr-fernsehen, 18.01.2024, 20.15 Uhr
- "Social Freezing": Familientreffen, NDR Info, 14.01.2024, 07.34 Uhr
- "Kinderwunsch sichern - Eizellen einfrieren": rbb PRAXIS, rbb Fernsehen, 22.11.2023, 20.15 Uhr
- "Eingefrorene Träume": 37 Grad, ZDF, 27.06.2023, 08.00 Uhr
- "Eizellen einfrieren - Kinderwunsch auf Eis": Hintergrund, Deutschlandfunk, 13.03.2019