Waldumbau in Bayern Von der Monokultur zurück zum Mischwald
Jahrhundertelang wurde der Wald zu Wirtschaftszwecken ausgebeutet und abgeernet. Waldflächen wurden dezimiert, öde und anfällige Monokulturen entstanden. Jetzt soll wieder naturnaher Mischwald entstehen. Nicht ganz einfach.
Mit dem Holz von Bäumen ist vieles möglich - und deshalb vor allem auch: Geld verdienen. Jahrhunderte lang galt der Wald - entgegen seiner vielfältigen Funktionen - in erster Linie als Wirtschaftsfaktor.
Der Wald in Bayern wurde abgeholzt und neu angepflanzt: mit Fichten
Das wirkte sich nicht nur auf das Landschaftsbild drastisch aus: Ganze Wälder wurden vom Mittelalter an abgeholzt, widerstandsfähige Mischwälder durch wirtschaftlich ertragreichere, aber anfälligere Monokulturen aus Fichten und Kiefern ersetzt. Und das nicht nur im Flachland, sondern auch in den Bergen - wo mit dem Wald auch seine Schutzfunktion verloren ging. Es sollte eine Weile dauern, bis Naturschützern, Waldbesitzern und Politikern auffiel, dass die Uniformität ganzer Wälder viele weitere Nachteile mit sich bringt.
Vom Einheitswald zum naturnahen Wald
Nachteile der Monokultur
"Wie ein Regiment Soldaten"
Schon vor 100 Jahren wurde die geringe Ästhetik von Monokulturen kritisiert:
"Wie wenig anmutend ist aber gerade der Anblick von durchsichtigen, unterholzlosen Wäldern, in denen womöglich noch die Bäume nach der Schnur gepflanzt sind und nun in geraden Linien und in wohlgemessenen Abständen wie ein Regiment Soldaten dastehen", beklagte 1910 der Zoologe Konrad Guenther im Pionierbuch "Der Naturschutz".
Dominante Fichten
Fichtenwälder langweilen aber nicht nur durch ihre Monotonie, sie bremsen zudem die restliche Flora. Denn wegen ihres dichten Kronendachs können diese immergrünen, schnell wachsenden Forste nicht für ausgewogene Lichtverhältnisse sorgen. Im Fichtenwald wachsen vor allem Fichten nach, Ahorne und Tannen können noch etwas dagegen halten, Buchen tun sich schon sehr schwer. Außerdem kommt zu wenig Regen und Schnee durch das Kronendach. Kräutern, Sträuchern und andere Bäume und Tieren fehlt es an Nahrung und Lebensraum. Das vielfältige Nebeneinander eines Mischwaldes wird so verhindert.
Mangelnde Stabilität
In einer Monokultur gibt es ein Überangebot an bestimmter Nahrung. Darauf spezialisierte Insekten vermehren sich stark, haben aber zu wenig Fressfeinde in diesem einseitigen Lebensraum. Ein wenig abwechslungsreicher Forst ist jedoch nicht mehr stabil und daher anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer und extreme Wetterphänomene wie Stürme.
Vorteile des Mischwaldes
Biodiversität
Aus den Fehlern hat man gelernt. Förster bemühen sich inzwischen, mehr naturnahe Mischwälder und Bergwälder anzupflanzen. Damit kann das Gehölz auch besser seine Schutz- und Erholungsfunktionen erfüllen. Langfristig, so das Ziel, soll sich dadurch auch die Artenzusammensetzung der Wälder verändern - sowohl bei Flora als auch Fauna.
Katastrophenschutz
Ein gesunder Mischwald aus Nadel- und Laubbäumen kann Niederschläge zurückhalten, sein Boden Wasser speichern und damit das Risiko von Flutkatastrophen vermindern. Der Wald reinigt die Luft und liefert Trinkwasser. Bergmischwald schützt vor Lawinen- und Murenabgängen sowie vor Hangrutschungen.
Klimaschutz
Auch bei der Verminderung der Klima schädigenden Treibhausgase ist ein Mischwald effektiver. Mit den Blättern und Nadeln nehmen die Bäume Kohlendioxid aus der Luft auf und speichern es in Form von Kohlenstoff im Holz.
Erholung
Bäume verbessern die Luft. Vor allem in der Nähe großer Städte ist das von großer Bedeutung. Wald erhöht die Luftfeuchtigkeit und mildert Temperaturextreme. Zudem werden der Luft Schadstoffe entzogen, die sich an der Oberfläche der Blätter ablagern. Nicht nur deswegen gehören Spaziergänge im Wald zu den erholsamsten Freizeitbeschäftigungen.
Naturnahe Mischwälder statt Monkulturen aus Fichten in Bayern
Mischwälder, die abwechslungsreich aus vielen verschiedenen Laub- und Nadelbäumen, auch verschiedenen Alters bestehen, haben viele Vorteile gegenüber Monokulturen: Die Artenvielfalt ist größer, nicht nur unter den Bäumen, sondern auch bei den Pflanzen und Tieren, die den Wald ihr Zuhause nennen. Mischwälder werden besser mit Licht, Wasser und Nährstoffen versorgt und sind weniger anfällig gegenüber Schädlingen. Sie sind vom Boden bis zur Krone widerstandsfähiger und halten klimatische Veränderungen und extreme Wetterereignisse besser aus.
Borkenkäfer lieben Fichtenmonokulturen
Umdenken in der Politik zugunsten des Waldes in Bayern
Baumverteilung in Bayerns Wäldern
- 41,8 Prozent: Fichte
- 17,1 Prozent: Kiefer
- 2,4 Prozent: Tanne
- 2,1 Prozent: Lärche
- 0,8 Prozent: Douglasie
- 13,9 Prozent: Buche
- 6,8 Prozent: Eiche
- 15,0 Prozent: sonstige Laubbäume
(Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten)
1971 stellte der damalige bayerische Landwirtschaftsminister Hans Eisenmann (CSU) seinen "Waldfunktionsplan" vor. Er sah umfassende Ziele zum Schutz von Wäldern und ihrer nachhaltigen Pflege vor. 1974 wurde daraus das erste bayerische Waldgesetz. Ein Jahr später folgte das Bundeswaldgesetz, in dem der Schutz sämtlicher Waldfunktionen verankert ist.
Naturnaher Mischwald in bayerischen Nationalparks
Wie notwendig der Waldumbau hin zu abwechslungsreichen und widerstandsfähigen Mischwäldern ist, zeigen nicht nur immer wieder schwere Sturmschäden, sondern auch großflächiger Borkenkäferbefall. Auch sind immer mehr Baumarten gefragt, die den Wald in Bayern angesichts des Klimawandels fit für die Zukunft machen.
In den bayerischen Nationalparks lebt der naturnahe Mischwald bereits auf. Doch der Umbau weg von der Monokultur ist in Bayern noch lange nicht abgeschlossen. In vielen Regionen gibt es noch immer Wälder, die fast nur aus Fichten bestehen, Buchen und Eichen sucht man oft vergebens. Ökologen, Förster und Waldbesitzer arbeiten weiter daran, naturnahe Mischwälder anzupflanzen, Bergwälder zu retten und Auwälder zu renaturieren.
Der erste Nationalpark Deutschlands
Ehrgeizige Waldumbauprogramme in Bayern
Wem gehört der Wald in Bayern?
- 54,2 Prozent: Privatwald - rund 700.000 privaten Waldbesitzern
- 30,1 Prozent: Staatswald - Freistaat Bayern
- 13,5 Prozent: Körperschaftswald - Gemeinden oder Städten
- 2,2 Prozent: Bundeswald - Bundesrepublik Deutschland (meist Wald auf Übungsplätzen der Bundeswehr)
(Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten)
Die Förderung von Mischwäldern ist längst ein politisches Ziel in Bayern. Aber der Waldumbau braucht seine Zeit, allein schon deshalb, weil Bäume einfach langsam wachsen. 2008 hatte sich die Bayerische Staatsregierung mit dem Klimaprogramm 2020 das Ziel gesetzt, bis 2020 rund 100.000 Hektar Wald zukunftsfähig zu gestalten und in robustere Mischwälder umzuwandeln. Seither haben die bayerischen Waldbesitzer insgesamt rund 76.000 Hektar Wald durch Pflanzung und Saat umgestaltet. Hinzu kommen etwa 41.000 Hektar Wald, bei denen die Waldbesitzer bei der Waldpflege Mischbaumarten den Vorrang gaben. Die Waldumbauoffensive 2030 sieht vor, bis zum Jahr 2030 insgesamt 200.000 Hektar im Privat- und Körperschaftswald zukunftsfähig zu gestalten. Hierfür muss die jährliche Waldumbaufläche von durchschnittlich 6.000 auf 10.000 Hektar gesteigert werden. Inwieweit das gelingt, hängt auch von der Witterung und der Waldschäden der kommenden Jahre ab.