Gefahr für Fledermäuse Sind Windräder und Artenschutz vereinbar?
Für die Energiewende wird immer mehr Wald zum Aufstellen von Windrädern genutzt. Doch das gefährdet neben Vögeln auch Fledermäuse. Lassen sich der notwendige Ausbau der Windkraft und der ebenso wichtige Schutz der Fledermäuse vereinbaren?
Fledermäuse leben je nach Art durchaus unterschiedlich. Doch für alle ist der Wald ein wichtiger Lebensraum, in dem sie ihren Nachwuchs aufziehen, ihr Jagdgebiet oder ihr Winterquartier haben. Seitdem aber immer häufiger auch im Wald Windenergieanlagen gebaut werden, wird das Leben der Fledermäuse in und zwischen den Wipfeln gefährlicher.
Mehr als 200.000 tote Fledermäuse jährlich
Nach Schätzungen des Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) sterben pro Jahr mehr als zehn Fledermäuse an jeder konventionell, also ohne besondere Schutzvorkehrungen, betriebenen Windenergieanlage. Laut IZW würden alte Windenergieanlagen nach wie vor ohne Abschaltregeln betrieben. Das betreffe 75 Prozent aller Anlagen in Deutschland. Ende 2021 gab es in Deutschland nach Angaben des WindEnergie e.V. mehr als 28.000 Windenergieanlagen insgesamt. Die Opferzahl liegt damit in Deutschland pro Jahr bei mindestens 200.000 bis 300.000 Fledermäusen. Die Experten rechnen damit, dass die Zahl der Todesopfer durch den Ausbau von Windkraft im Wald noch weiter steigen wird.
Windkraft vs. Artenschutz?
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien spielt in Zeiten von Energie- und Klimakrise eine große Rolle. Um den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen, hat die Bundesregierung im Sommer 2022 unter anderem das Bundesnaturschutzgesetz geändert. Danach können jetzt auch Landschaftsschutzgebiete in die Suche nach Flächen für Windkraftanlagen einbezogen werden. Gleichzeitig werden Schutzzonen für bedrohte Arten definiert. Für die artenschutzrechtliche Prüfung gelten nun bundeseinheitliche Standards, zum Beispiel mit einer Liste kollisionsgefährdeter Brutvogelarten. Der Betrieb von Windenergieanlagen liegt nach diesen Änderungen "im überragenden öffentlichen Interesse" und bekommt damit einen höheren Stellenwert. Die Anpassungen im Bundesnaturschutzgesetz gehen den einen nicht weit genug, die anderen fürchten eine Verschlechterung im Artenschutz.
Wie kann das Risiko für Fledermäuse vermindert werden?
Es gibt durchaus Methoden, um Fledermäuse zu schützen. Seit einigen Jahren kommt das Software-Tool ProBat zum Einsatz, entwickelt von einem Expertenteam der Universität Erlangen. Inzwischen ist die Software die in Deutschland am weitesten verbreitete Methode zur Festlegung von fledermausfreundlichen Betriebsalgorithmen für die Windräder.
Fledermäuse fliegen meistens in der Nacht, bei schwachem Wind und bei Temperaturen von über 10 Grad. Zum Schutz der Fledermäuse werden die Betriebszeiten der Windräder daran angepasst. Aus einer Kombination von akustischen Erfassungen der Fledermausaktivität an den Gondeln der Windenergieanlage und den Forschungsergebnissen von früheren Projekten berechnet die Software standortspezifische Abschaltzeiten für das Windrad. Es gibt also keine pauschalen Abschaltzeiten, sondern je nach tatsächlicher Fledermausaktivität vor Ort. Die Zahl der Fledermaus-Schlagopfer soll damit auf ein bis zwei Tiere pro Anlage pro Jahr gesenkt werden. Die Software wird laufend weiterentwickelt und ist seitens der Gutachter, Betreiber und Behörden anerkannter Standard. Sie ist aber auch nicht unumstritten, zum Beispiel gibt es immer wieder Kritik von Windenergie-Projektierern.
Weitreichende Folgen von Windrädern
Problematisch an Windrädern im Wald ist aber nicht nur der Tod von Tieren an den Rotoren. Einer Studie des Leibniz-IZWs von Juli 2022 zufolge beeinträchtigen die Anlagen auch Fledermäuse, die unterhalb der Rotoren jagen und damit nicht akut von diesen bedroht sind. Allein durch die Rodungen für den Bau des Windrades verlieren sie einen Teil ihres Lebensraums. Eine neue Erkenntnis der Studie ist, dass diese Fledermäuse sich offensichtlich durch das Windrad gestört fühlen, denn sie meiden die Gegend um das Windrad. Die Aktivität der Fledermäuse nimmt im Umkreis von 450 Metern um 50 Prozent ab. Damit verkleinert sich der Lebensraum dieser Fledermäuse, denn Ausgleichsflächen gibt es dafür keine. Ein kleinerer Lebensraum kann dazu führen, dass sie weniger Nahrung finden, was wiederum Auswirkungen auf den Nachwuchs hätte. In dem Gebiet, das die Fledermäuse meiden, könnten wiederum Schädlinge zunehmen, die die Fledermäuse sonst fressen würden. Eine Empfehlung der Autorinnen und Autoren der Studie ist daher, Windräder eher in der offenen Landschaft aufzustellen.