Fakten Das Vorstellungsgespräch
Bei einem Vorstellungsgespräch werden oft ähnliche Fragen gestellt, wie zum Beispiel die Frage nach der persönlichen Motivation. Wer sich gut darauf vorbereitet, kann selbstsicherer antworten und den weiteren Gesprächsverlauf mit bestimmen.
1. Fragen, mit denen Sie rechnen müssen
Natürlich differieren die Fragen je nachdem, ob Sie ein Einzel- oder Gruppengespräch haben, ob Sie sich bei einem Konzern oder einem kleinen Unternehmen, in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst, ob Sie sich als KindergärtnerIn oder als PersonalchefIn bewerben. In fast allen Bewerbungsgesprächen aber müssen Sie (nach Hesse/Schrader S.409ff.) rechnen mit:
- Fragen zur Motivation, z.B.: Was reizt Sie an dieser Aufgabe/Position? Warum wollen Sie gerade bei uns arbeiten? Hintergrund solcher Fragen ist, zu überprüfen, ob Sie wirklich so interessiert und engagiert sind, wie Sie es in den Bewerbungsunterlagen vorgegeben haben. Sie demonstrieren das am besten, wenn Sie zeigen, dass Sie schon einiges über das Unternehmen und die ausgeschriebene Position wissen (also recherchieren Sie dies spätestens vor dem Gespräch), wenn Sie zeigen können, dass die neue Aufgabe eine konsequente Fortsetzung Ihres bisherigen Berufs- oder Ausbildungswegs ist und wenn Sie durchblicken lassen, dass die Stelle Ihre erste Wahl, und nicht etwa eine Kompromiss- oder Notlösung ist. Um auf diese entscheidenden Fragen flüssig und überzeugend zu antworten, empfiehlt es sich (insbesondere, wenn Sie sich zum ersten Mal bewerben), die Gründe Ihrer Wahl und das eigene konkrete Ziel, das sie mit der Bewerbung verbinden, vorher schwarz auf weiß zu fixieren (die Zettel aber bloß zu Hause lassen!) und das Frage-Antwortspiel probeweise mit einer(m) FreundIn durchzuspielen.
- Fragen zu Ihrer Ausgangssituation, z.B.: Warum haben Sie vor, den Arbeitsplatz zu wechseln? Hintergrund solcher Fragen ist, herauszubekommen, wie Sie zu Ihrer konkreten Situation stehen und wie geschickt Sie sie darstellen können – auch wenn sie recht heikel ist (sie stehen unter finanziellem Druck oder die Kündigung steht bevor). Bemühen Sie sich, eine Antwort mit nachvollziehbaren sachlichen und/oder persönlichen Argumenten vorzubereiten. Da der Arbeitgeber in der Regel eine(n) gut motivierte(n), sich mit dem Betrieb identifizierende(n) und engagierte(n) Mitarbeiter/in will, kommt am besten an, wenn Sie plausibel machen können, dass die neue Aufgabe für Sie eine besondere Herausforderung oder eine willkommene Aufstiegschance ist. Die bloße Demonstration von Unzufriedenheit oder Frust könnte Sie als notorischen Meckerkasten verdächtig machen; Nörgeln über die bisherigen Arbeitgeber oder die Arbeit ist unklug, ihr potenzieller Arbeitgeber muss dann damit rechnen, dass Sie bald genauso über ihn herziehen.
- Fragen zur Leistungsmotivation, z.B.: Auf welche Ihrer (beruflichen) Leistungen und Erfolge sind Sie besonders stolz? Und jetzt zu Ihren Misserfolgen ... Hintergrund ist, herauszubekommen, welche Leistungsnachweise Sie zu bieten haben und zugleich, wie Sie mit komplexen und heiklen Fragen umgehen können. Wer hier ins Stottern kommt, zeigt, dass er schlecht vorbereitet ist, und das wird nicht gern verziehen. Also gehen Sie, falls Sie es vor der schriftlichen Bewerbung noch nicht gründlich getan haben, "in sich", überlegen Sie, was sie bislang so zustande gebracht und verspielt haben. Sie finden gewiss etwas. Erzählen Sie aber besonders von den Leistungen, die irgendwie mit der Stellenausschreibung zu tun haben. Wenn Sie einen privaten Kindergarten mit aufgebaut und organisiert haben, ist dieser Erfolg wichtig für einen Posten im Organisationsmanagement, weniger für einen Posten als Bibliothekar/in oder im Finanzamt. Für letzteren wäre der Sieg beim regionalen Kopfrechenwettbewerb eine feine Empfehlung. Schneiden Sie nicht auf, aber üben Sie sich auch nicht zu sehr in falscher Bescheidenheit und denken Sie daran, dass Erfolge, die sie gemeinsam mit anderen erzielt haben, immer für die allerorts gefragte Teamfähigkeit sprechen. Ihre Misserfolge müssen Sie nicht ausbreiten, aber Sie sollten sie klar und reflektiert analysieren können. Auch wenn sie de facto zum Teil auf das Konto anderer gehen, hüten Sie sich vor Schuldzuweisungen. Die schlagen meist zurück.
- Fragen zum beruflichen Werdegang, z.B.: Aus welchen Gründen haben Sie sich für den Beruf/die Branche/die Fortbildung etc. entschieden. Hintergrund dieser Frage ist, herauszubekommen, ob Ihr Berufsweg geplant war und den berühmten roten Faden hat, oder ob Sie mehr oder weniger zufällig von einer Tätigkeit in die andere geschlittert sind. Auch wenn letzteres (wie wohl nicht selten) tendenziell zutrifft, können Sie bei der Vorbereitung nachträglich gewiss zumindest einen dünnen roten Faden spinnen. D.h. Brüche im Berufs- und Ausbildungsweg als engagierte Neuanfänge begründen, indem Sie gut nachvollziehbare persönliche oder sachliche Argumente für den Wechsel namhaft machen (Mehlallergie beim Wechsel vom Bäckerlehrling zum Automechaniker/Kinder beim Wechsel von der Chirurgin zur nur noch begutachtenden Amtsärztin, spät zündendes Interesse beim Wechsel vom Steuergehilfen zum Wirtschaftsberater).
- Fragen zum persönlichen Hintergrund, z.B.: Wir wollen Sie gerne kennen lernen; erzählen Sie uns etwas über sich. Wie würden Sie sich kurz charakterisieren? Hintergrund dieser Frage ist ein recht unumwundener "Persönlichkeits-Check-up" (Hesse/Schrader S.415) der zeigen soll, ob Sie in das Unternehmen passen. Bei solch offenen Frage (mehr zur Differenz der Fragen Folge 3 Nachgefragt ) merken Sie, wie gut es war, sich gründlich vorzubereiten. Wenn Sie z.B. vorher eine Selbstskizze angelegt haben, die Sie von Ihrer für dieses Unternehmen relevanten Schokoladenseite präsentiert, sind Sie aus dem Schneider raus. Auf jeden Fall ist es ratsam, zuerst über ihre beruflichen Tätigkeiten, Fähigkeiten und Interessen Auskunft zu geben, und erst gegen Ende wenn nötig – über private.
- Fragen zur Selbsteinschätzung, z.B.: Was sind Ihre Stärken, was Ihre Schwächen? Hintergrund ist, herauszufinden, wie selbstbewusst Sie sind und wie realistisch und glaubwürdig Sie sich darstellen können. Überlegen Sie vorher genau, wie viel Offenheit bei dieser üblichen Frage angebracht ist, machen Sie sich klar, dass Sie nicht "auf der Couch des Psychoanalytikers" (Hesse/Schrader S.416) liegen, sondern dem potenziellen Arbeitgeber gegenübersitzen. Ratsam ist es, vor allem solche Stärken zu nennen, die in das Anforderungsprofil der Stelle passen. Ein paar unverfängliche Schwächen, die fast schon wieder als Stärken interpretiert werden können (z.B. Ungeduld, wenn etwas zu lange dauert , denn die verspricht eine zügige Erledigung der Aufträge) sollten Sie auf jeden Fall präsent haben.
- Fragen zu Ihrer Familie, z.B.: Wie sieht Ihre aktuelle Lebenssituation aus? Hintergrund ist, herauszufinden, mit wem Sie zusammenleben, ob Sie Single sind oder gebunden etc. Es geht den Arbeitgeber eigentlich nichts an, dennoch sind solche Fragen üblich. Gehen Sie bei solchen Fragen nicht so sehr ins Detail, sie müssen weder etwas erklären noch rechtfertigen. Einen Katalog der 100 häufigsten Fragen finden Sie in "Nachgefragt".
2. Gesprächsverlauf
Grundsätzlich gilt: Je besser Sie vorbereitet sind, desto mehr Chancen haben Sie, die Fäden des Gesprächs in der Hand zu halten und zu bestimmen, was zur Sprache kommt.
Tipp: Versetzen Sie sich vorher in die Rolle des anderen, nehmen Sie sich Ihre Bewerbungsunterlagen noch einmal vor und überlegen Sie, was Sie angesichts dieser Unterlagen fragen würden. Dann können Sie u.U. einige heikle Fragen vorwegnehmen und so Ihrem Gesprächspartner den Wind aus den Segeln nehmen. Wenn z.B. eine große Lücke in ihrem Lebenslauf ist, erzählen Sie begeistert selbst davon, was Sie in der Zeit gemacht, bereist, erfahren, gelernt haben. Wenn Sie ein ausgefallenes Hobby haben, bereiten Sie eine fesselnde (aber nicht zu ausufernde) Schilderung davon vor. Wenn Sie eine Ausbildung abgebrochen haben, ist das kein Beinbruch, solange Sie gute Gründe dafür ins Feld führen können.
Formulieren Sie präzise und verständlich, halten Sie keine langen Vorträge. Versuchen Sie im Gespräch möglichst den Blickkontakt zu halten, deutlich zu sprechen, den Gesprächspartner ausreden zu lassen, freundlich zu lächeln und sich bequem hinzusetzen, weder zu steif noch zu leger.
Der Ablauf des Gesprächs lässt sich nach der differenzierten Analyse von Hesse/Schrader (S.404) in zehn Phasen teilen, die weitgehend von den oben genannten Fragekomplexen bestimmt sind:
1. Begrüßung und Einleitung des Gesprächs (Smalltalk mit nichtalkoholischen Getränken, der auflockern und die Angst nehmen soll).
2. Bewerbungsmotive und Leistungsmotivation
3. Beruflicher Werdegang
4. Persönlicher, familiärer und sozialer Hintergrund
5. Gesundheitszustand (Prüfung, ob man uneingeschränkt leistungsfähig ist)
6. Berufliche Kompetenz und Eignung
7. Informationen für den Bewerber ("Aktives Zuhören" ist angesagt, der Arbeitgeber will sich nun darstellen und sein Image pflegen.)
8. Arbeitskonditionen (erste Absteckung des Gehaltsrahmens und des möglichen Einstellungsbeginns)
9. Fragen des Bewerbers ("An den klugen Fragen erkennt man einen klugen Kopf sowie einen motivierten und kompetenten Bewerber" Hesse/Schrader S.425; d.h. hier sind Sie gefordert, erkennbar zu machen, dass Sie sich bereits ausgiebig über die ausgeschriebenen Stelle und das Unternehmen informiert haben.)
10. Abschluss des Gesprächs und Verabschiedung (hier können Sie sich getrost erkundigen, wann Sie Bescheid über die Entscheidung bekommen).
Literatur
Das große Hesse/Schrader Bewerbungshandbuch: Alles, was Sie für ein erfolgreiches Berufsleben wissen müssen; Jürgen Hesse, Hans Christian Schrader; Stark Verlagsgesellschaft