37

Chemie-Nobelpreis 2017 Nobelpreis für Entwickler der Kryo-Elektronenmikroskopie

Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an den Schweizer Jacques Dubochet, den gebürtigen Deutschen Joachim Frank (USA) und Richard Henderson aus Großbritannien. Sie entwickelten die sogenannte Kryo-Elektronenmikroskopie.

Stand: 04.10.2017 | Archiv

Jacques Dubochet, Richard Henderson und Joachim Frank | Bild: picture-alliance/dpa, Reuter, Monage BR

Die Kryo-Elektronenmikroskopie dient zur hochauflösenden Strukturbestimmung von Biomolekülen in Lösungen.

"Sie vereinfacht und verbessert das Sichtbarmachen von Biomolekülen. Diese Methode hat die Biochemie in eine neue Ära gebracht."

Aus der Begründung der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften.

Die Kryo-Elektronenmikroskopie kam beispielsweise zum Einsatz, als 2015 das Zika-Virus unter Verdacht geriet, für die Epidemie von Neugeborenen mit Hirnschäden verantwortlich zu sein. Über Monate wurden dreidimensionale Bilder des Virus in hoher Auflösung angefertigt, um mögliche Ziele für Arzneimittel zu finden.

3D-Strukturen von Biomolekülen

Lange glaubte man, mit Elektronenmikroskopen könne man nur tote Materie betrachten, weil der starke Elektronenstrahl biologisches Material zerstört. 1990 gelang jedoch Richard Henderson mit einem Elektronenmikroskop ein dreidimensionales Bild eines Proteins, dessen Auflösung die Größe von Atomen hatte. Joachim Frank, der 1970 an der Technischen Universität München promoviert hat, machte die Technik allgemein anwendbar. Er entwickelte zwischen 1975 und 1986 eine Bildverarbeitungsmethode, die die unscharfen zweidimensionalen Aufnahmen des Elektronenmikroskops in scharfe dreidimensionale Bilder verwandelt.

Wasser im Vakuum

Jacques Dubochet fügte der Visualisierungstechnik Wasser hinzu. Im Elektronenmikroskop herrscht ein Vakuum. Wasser verdampft dort und zerstört dabei die Biomoleküle. Dubochet gelang es Anfang der 1980er-Jahre, Wasser so schnell abzukühlen, dass es in flüssiger Form um eine Probe von biologischem Material erstarrte. So blieb die natürliche Form der Biomoleküle auch im Vakuum erhalten. Nach den Entdeckungen der drei Ausgezeichneten wurde die lange erhoffte atomare Auflösung erst im Jahr 2013 erreicht. Seitdem können Wissenschaftler regelmäßig dreidimensionale Bilder von Biomolekülen anfertigen.

Die höchste Auszeichnung für Chemiker ist derzeit mit umgerechnet rund 940.000 Euro (9 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert. Die feierliche Übergabe der Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.

Deutsche Preisträger und Preisträgerinnen

Chronik: Chemie-Preisträger der vergangenen Jahre

  • 2016: Jean-Pierre Sauvage (Frankreich), Sir James Fraser Stoddart (Großbritannien) und Bernard L. Feringa (Niederlande) für die Entwicklng extrem kleiner molekularer Maschinen, die wie künstliche Muskeln funktionieren
  • 2015: Tomas Lindahl (Schweden), Paul Modrich (USA) und Aziz Sancar (USA/Türkei) für ihre Untersuchungen zu den Werkzeugen, mit deren Hilfe Zellen DNA reparieren
  • 2014: Stefan Hell (Deutschland), Eric Betzig und William Moerner (beide USA) für ihre Entwicklungen in der hochauflösenden Lichtmikroskopie
  • 2013: Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel (alle USA) für ihre Entwicklung von Computer-Modellen komplexer chemischer Systeme
  • 2012: Robert J. Lefkowitz (USA) und Brian K. Kobilka (USA) für die Entdeckung der Wirkungsweise G-Protein-gekoppelter Rezeptoren in Zellen
  • 2011: Dan Shechtman (Israel) für die Entdeckung der Quasikristalle
  • 2010: Richard F. Heck (USA), Ei-ichi Negishi  (Japan) und Akira Suzuki (Japan) für die Verbindung von Kohlenstoffatomen zu komplexen Molekülen
  • 2009: Venkatraman Ramakrishnan (USA), Thomas A. Steitz (USA) und Ada E. Jonath (Israel) für die Forschung zur Erbinformation in den Proteinen
  • 2008: Der in den USA forschende Japaner Osamu Shimomura und die beiden US-Amerikaner Martin Chalfie und Roger Tsien für die Entdeckung des grün fluoreszierenden Proteins GFP
  • 2007: Gerhard Ertl (Deutschland) für seine Arbeiten zu chemischen Prozessen auf festen Oberflächen. Damit habe er die Grundlagen für die moderne Oberflächenchemie geschaffen
  • 2006: Roger D. Kornberg (USA) für die Erforschung, wie die Zelle aus dem Bauplan in den Genen fertige Proteine herstellt
  • 2005: Yves Chauvin (Frankreich), Robert H. Grubbs (USA) und Richard R. Schrock (USA) für die Entwicklung neuer Reaktionswege in der organischen Chemie, unter anderem zur Produktion von Plastik und Arzneien
  • 2004: Aaron Ciechanover und Avram Hershko (beide Israel) sowie Irwin Rose (USA) für die Entdeckung eines lebenswichtigen Prozesses zum Abbau von Proteinen im Körper
  • 2003: Peter Agre (USA) und Roderick MacKinnon (USA) für die Erforschung von Ionen- und Wasserkanälen der Körperzellen.
  • 2002: John B. Fenn (USA), Koichi Tanaka (Japan) und Kurt Wüthrich (Schweiz) für ihre Methoden zum Vermessen von biologischen Molekülen
  • 2001: William S. Knowles (USA), Barry Sharpless (USA) und Ryoji Noyori (Japan) für die Beschreibung neuer Katalysatoren

37