FrauenGeschichte - Frauen schreiben Geschichte Wilma Rudolph sprintet trotz Kinderlähmung zu Gold
Als Kind kann Wilma Rudolph kaum gehen. Als junge Frau wird sie trotzdem zur Ausnahme-Sprinterin und gewinnt bei Olympia dreimal Gold. Die USA feiern die Erfolge der schwarzen Athletin, obwohl sie weiter an der Rassentrennung festhalten.
Die Leichtathletin Wilma Rudolph (1940-1994) hat die Welt in Erstaunen versetzt: Nachdem sie als Kind wegen Lähmungserscheinungen kaum gehen konnte, wird sie als junge Frau zur Ausnahme-Athletin. Bei den Olympischen Spielen von 1960 gewinnt sie ausgerechnet im Sprint dreimal die Goldmedaille und bricht insgesamt drei Weltrekorde.
Wilma Rudolphs Kampf gegen Kinderlähmung und "Rassentrennung"
Wilma Rudolph wächst in einer Großfamilie in Tennessee auf. Sie ist ein kränkliches Kind. Mit vier Jahren erleidet sie eine doppelte Lungenentzündung und Scharlach, kurz darauf erkrankt sie an Polio. Die Folge: ein gelähmtes linkes Bein. Aufgrund der sogenannten "Rassentrennung" in den Krankenhäusern muss sie mit ihrer Mutter einmal wöchentlich 70 Kilometer weit zur Behandlung fahren - und zwar ganz hinten im Bus, wo Schwarze damals zu sitzen hatten.
Wilma Rudolph - trotz Kinderlähmung zur Spitzen-Athletin
Die Ärzte sind skeptisch, ob sie jemals wieder gehen können wird. Täglich massieren ihre Mutter oder eines ihrer vielen Geschwister ihr Bein. Familie Rudolph will nicht aufgeben - und wird belohnt. Mit zwölf Jahren kann Wilma ohne Hilfsmittel gehen. Sie beginnt mit ihren Geschwistern Basketball zu spielen, und entfaltet bald ein sportliches Talent, von dem niemand etwas hatte ahnen können.
Talentscouts entdecken sie und handeln sie bald als vielversprechende Ausnahme-Sprinterin. Ihr Coach gibt ihr den Spitznamen "Skeeter", also Mücke. Mit 18 Jahren bekommt Wilma Rudolph ihre Tochter Yolanda - hämische Stimmen deuten das als das Aus ihrer Sportlerkarriere. Doch Wilma "Skeeter" Rudolph lässt sich nicht aufhalten.
Olympia 1960: Wilma Rudolph gewinnt als erste Frau in drei Disziplinen Gold
All ihren Ehrgeiz richtet sie auf die Olympischen Spiele 1960 in Rom. Was dort passiert, übertrifft einerseits schlimmste Wettbewerbs-Alpträume: Kurz vor einem Lauf knickt sie mit dem Knöchel um. Andererseits übertreffen die Ereignisse in Rom auch ihre kühnsten Hoffnungen: Teils mit geschwollenem Fuß holt sie gleich in drei Disziplinen die Goldmedaille - im 100- und 200-Meter-Lauf sowie im 4-mal-100-Meter-Staffellauf. Das hatte vor ihr noch keine Leichtathletin geschafft.
Rassentrennung wird für "Welcome Wilma Day" erstmals aufgehoben
Bei ihrer Rückkehr nach Tennessee will ihre Heimatstadt Clarksville die nun prominente Wilma Rudolph groß feiern, gemäß den geltenden Gesetzen mit Schwarze und Weiße getrennt. Wilma Rudolph lässt ausrichten, dass sie nur dabei wäre, wenn alle gemeinsam feierten. Und so wird der "Welcome Wilma Day" zur ersten Veranstaltung ohne Rassentrennung in der Geschichte des Bundesstaates Tennessee.
Wilma Rudolph - Ruhm und politischer Missbrauch ihrer Erfolge
Wilma Rudolph wird durch ihren sportlichen Erfolg in ihrer Zeit zu einer der bekanntesten Schwarzen Frauen der Welt. Die deutsche Presse schreibt damals über "die schwarze Gazelle" und die langen Beine der "N*gerin", ohne sich ihrer rassistischen Untertöne bewusst zu sein.
Doch besonders, was nach ihrem Welterfolg in den USA geschieht, sieht Wilma Rudolph im Nachhinein kritisch:
"Ich bin als Symbol des freien Amerikas gefeiert worden. Heute weiß ich, dass ich missbraucht worden bin."
Wilma Rudolph über die Reaktion der USA auf ihre Erfolge
Man hatte ihren Welterfolg und ihre Popularität benutzt, um sich selbst ein gerechtes, offenes Image zu geben - das mit dem echten Alltag rein gar nichts zu tun hatte. So wird sogar Wilma Rudolph selbst gemeinsam mit ihrem Vater nur wenige Wochen nach ihrem umjubelten Erfolg an der Tür eines beliebten Restaurants abgewiesen.
Wilma Rudolph beendet mit 22 Jahren ihre Karriere und stirbt früh
Mit 22 Jahren macht Wilma Rudolph mit der Leichtathletik Schluss. Ihre Erfolge seien ihr genug, erklärt sie einer verblüfften Öffentlichkeit. Sie wird Lehrerin, Trainerin und setzt sich für soziale Projekte ein. Besonders unterstützt sie junge Schwarze Sportlerinnen und Sportler, zu deren Förderung sie eine Stiftung gründet.
Wilma Rudolph bekommt noch drei weitere Kinder. Mit nur 54 Jahren stirbt sie an einer Krebserkrankung. Ihre Geschichte lebt in Filmen und Kinderbüchern fort.
"FrauenGeschichte" auf Instagram
Viel zu oft standen Frauen, die Großes geleistet haben, im Schatten der Männer. Der BR-Instagram-Kanal "FrauenGeschichte" zeigt die weibliche Perspektive auf die Vergangenheit.
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