Telekolleg - Psychologie


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Pädagogische Psychologie Lernstörungen und der Umgang mit ihnen

Stand: 02.11.2016 | Archiv

Schüler rechnet mit den Fingern | Bild: Getty Images

Wenn Kinder Schwierigkeiten mit dem Lernen in der Schule haben, dann sind nicht nur die Eltern besorgt, sondern in aller erster Linie leiden die Kinder selbst darunter. So genannte Lernstörungen können vielfältiger Art sein und unterschiedliche Ursachen haben. Um Kindern, die unter einer Lernstörung leiden, möglichst schnell und gut helfen zu können, ist eine genaue Diagnose notwendig. Anhand des folgenden Schemas lassen sich verschieden Formen von Lernstörungen gut klassifizieren:

 bereichsspezifischumfassend/allgemein
überdauerndTeilleistungsstörungLernbehinderung
Leistungsängstlichkeit
vorübergehendz.B. motorische UnruheSpätentwicklung

Nicht jede Lernstörung ist gleich

Ein Beispiel soll dies erläutern: Stellen wir uns ein Kind vor, das gegen Ende der dritten Klasse in allen Fächern gute bis sehr gute Leistungen zeigt. Nur in der Mathematik hat es seit der ersten Klasse die größten Schwierigkeiten, selbst einfachste Rechenarten korrekt auszuführen. In diesem Fall handelt es sich nach unserem Schema um eine bereichspezifische (nur Mathematik), zeitlich überdauernde (seit der ersten Klasse) Teilleistungsstörung.

Hätte unser Beispielkind jedoch bislang keine Probleme in Mathematik gehabt und wäre nur zeitweilig im Matheunterricht der dritten Klasse zurückgefallen, was durch zusätzliches Training jedoch wieder aufgeholt werden konnte, dann würde es sich um eine vorübergehende Teilleistungsstörung handeln.

Sind die Lernschwierigkeiten allerdings in allen Schulfächern vorhanden, so kann es sich um einen Spätentwickler handeln, der eine gute Prognose hat. In diesem Fall werden die Leistungsdefizite in der weiteren Entwicklung wieder ausgeglichen. Möglich ist jedoch auch, dass in diesem Fall eine Lernbehinderung vorliegt, die unter Umständen zum Übertritt in eine besonders dafür ausgerichtete Schule führt.

Legasthenie und Dyskalkulie

In jüngster Zeit werden bei Schulkindern vermehrt Teilleistungsstörungen wie die Lese-Rechtschreibschwäche (LRS, Legasthenie) oder auch die Rechenschwäche (Dyskalkulie) diagnostiziert. Was ist darunter zu verstehen?

Legasthenie (LRS)

Etwa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung sind von einer Lese-Rechtschreibschwäche (LRS bzw. Legasthenie) betroffen. Der Anteil an Jungen und Männern ist dabei deutlich größer als derjenige der Mädchen und Frauen.

Kinder mit Legasthenie haben von Anfang an Probleme mit dem Lesen und Schreiben. Ihre verbalen Sprachfähigkeiten sind davon meist nicht betroffen, und auch ihre allgemeine Intelligenz entspricht mindestens dem Altersdurchschnitt. Die Diagnose der Legasthenie ist also zuerst eine Diskrepanz-Diagnose: auffallende Leistungsschwäche in einem Teilbereich – normale Leistungen in anderen Fächern, normale Intelligenz. Um die Diagnose abzusichern, muss gewährleistet sein, dass die schlechten Leistungen im Lesen und Schreiben nicht auf einen Mangel an Übung, eine Erkrankung (Seh- oder Hörstörung, Hyperaktivität) oder gar auf einen schlechten Unterricht zurückzuführen sind.

Auf der Suche nach den Ursachen

Die Ursachen für das Auftreten von Legasthenie sind bislang nicht mit letzter Sicherheit aufgeklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Störungen der Gehirnentwicklung dafür verantwortlich sind. Diese könnten dazu führen, dass die Kinder nicht mehr in der Lage sind, die notwendigen Basisfähigkeiten für den Schriftspracherwerb aufzubauen. Ein großer Teil der Kinder, die in der Schulzeit eine Legasthenie entwickeln, zeigt bereits im Vorschulalter deutliche Schwächen in einer dieser Basisfertigkeiten, der so genannten phonologischen Bewusstheit. Darunter versteht man beispielsweise die Fähigkeit, einzelne Laute eines Wortes heraushören zu können oder auch das Erkennen von Silben und Reimen. Kinder, die mit der Laut-Buchstaben-Verknüpfung Schwierigkeiten haben, können nur sehr mühsam und langsam lesen und schreiben.

Wichtig: rechtzeitige Diagnose

Auch wenn die Ursachen der Legasthenie in Störungen des Gehirns liegen, heißt dies nicht, dass man keine Besserung dieser Teilleistungsschwäche erzielen kann. Generell gilt: Je früher die Diagnose erfolgt und je eher mit dem Training begonnen wird, desto besser kann man den Betroffenen helfen. Für Vorschulkinder gibt es zur Diagnose ein spezielles Screeningverfahren, das so genannte "Bielefelder Sreening", und für Grundschulkinder steht das Testverfahren "BAKO 1-4" zur Verfügung. Diese Testverfahren dürfen Sie allerdings nicht selbst mit ihren Kindern durchführen. Falls Sie ihr Kinder testen lassen wollen, sprechen Sie entweder den für Sie zuständigen Schulpsychologen an, oder einen speziell dafür ausgebildeten pädagogischen Diplompsychologen.

Dyskalkulie: Wenn das Rechnen schwer fällt

Die Dyskalkulie (Rechenschwäche) zeigt sich in auffallenden Defiziten einfachster mathematischer Fähigkeiten. Ähnlich wie die Legasthenie wird auch die Dyskalkulie durch eine Diskrepanz-Diagnose festgestellt. Die davon betroffenen Kinder dürfen nur im Rechnen ein Defizit haben. In allen anderen Fächern sollten sie normale Leistungen erbringen und auch die Intelligenz sollte durchschnittlich sein. Andere Ursachen wie mangelndes Training, schlechter Mathematikunterricht oder Erkrankungen müssen ausgeschlossen werden.

Die Ursachenforschung der Dyskalkulie steckt bislang noch in den Kinderschuhen. Wie bei der Legasthenie scheinen auch bei den von Dyskalkulie Betroffenen die Basisfertigkeiten für ein mathematisches Verständnis (z.B. der Umgang mit Mengen) nicht vorzuliegen. Außerdem weisen verschiedenen Studien auf eine zu geringe Kapazität des Arbeitsgedächtnisses hin.

Auch die Dyskalkulie kann bei frühzeitiger Diagnose und entsprechendem Training positiv beeinflusst werden. Zur Diagnose im ersten Schuljahr liegt der Test "DEMAT 1+" vor. Tests für höhere Schulklassen sind in Vorbereitung.


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