Himmel über Deutschland Eine Frage des Standpunkts
Der Himmel ist überall gleich groß, aber in Süddeutschland seht ihr andere Sternbilder als an der Nordsee. Und auf der Südhalbkugel sieht der ganze Sternenhimmel anders als als bei uns. Wie sich der Himmel dreht, ist immer auch eine Frage des Standpunkts.
Von welchem Standpunkt ihr auch zum Himmel blickt, ihr seht annähernd eine Halbkugel über euch - 180 Grad weit von Horizont zu Horizont. Welchen Teil der Himmelskugel ihr seht, hängt vom Breitengrad eures Standpunkts ab: Ihr seht alle Sterne mit einer Deklination von höchstens 90 Grad über oder unter eurem Breitengrad.
In Bayern beispielsweise, etwa 48 Grad nördlich des Äquators, seht ihr also Sterne mit einer Deklination von maximal 42 Grad südlich des Himmelsäquators (+48°-90°=-42°) am südlichen Horizont und bis zu 48 Grad über den Himmelsnordpol hinaus am Nordhorizont. Alle anderen Beobachter auf dem gleichen Breitengrad sehen genau den gleichen Sternenhimmel, nur zu einer anderen Zeit. Seid ihr gerade in Frankreich oder in Wien, sieht der Nachthimmel zur gleichen Ortszeit also so aus wie bei uns - genauso im Norden der Mongolei oder im Süden Kanadas.
Befindet ihr euch dagegen in Kiel, auf dem 54. Breitengrad, seht ihr keine Sterne mehr, die südlicher als 36 Grad Süd stehen (+54°-90°=-36°). Wenn ihr in Richtung Süden schaut, stehen alle Sterne sechs Grad tiefer als von Bayern aus gesehen, in Richtung Norden dagegen um sechs Grad höher.
Der Südhimmel ist ganz anders als der Nordhimmel
Fahrt ihr weit nach Süden oder in den hohen Norden, ändert sich der Anblick des Sternenhimmels deutlich - der sichtbare Ausschnitt verschiebt sich. Ganz extrem ist es auf der Südhalbkugel: Vom Süden Afrikas aus könnt ihr völlig neue Sternbilder sehen wie das Kreuz des Südens. Dafür werdet ihr den Kleinen Wagen vergeblich suchen. Denn die halbe Himmelskugel ist immer unter dem Horizont verborgen.
Sternenhimmel am Äquator
Am Äquator dagegen könnt ihr von Himmelspol zu Himmelspol blicken - tief am Horizont im Süden und Norden. Ihr selbst befindet euch mitten auf der Achse, um die sich der Sternenhimmel scheinbar dreht - alle Sterne gehen hier auf und unter. Ihr könnt also im Verlauf der Zeit die gesamte Himmelskugel und damit alle Sternbilder sehen, die es gibt - abhängig von Tages- und Jahreszeit.
Sternenhimmel am Nordpol
Befindet ihr euch am Nordpol, steht der Polarstern senkrecht über eurem Kopf im Zenit, alle Sternbilder umkreisen ihn - parallel zum Horizont. Kein Stern geht je auf oder unter, ihr seht jede Nacht den exakt gleichen Sternenhimmel - die immer gleichen 50 Prozent der ganzen Himmelskugel, nur jede Nacht ein Stück westlicher. Am Südpol erlebt ihr das gleiche Spiel mit der anderen Hälfte der Himmelskugel.
Zirkumpolare, zeitweise und unsichtbare Sterne
Über Deutschland sind manche Sternbilder nie zu sehen, manche in jeder Nacht und die übrigen Sterne zeitweise: Sterne, die nur soweit vom jeweiligen Pol entfernt sind, wie es dem Breitengrad des Beobachtungspunkts entspricht (also maximal 47 Grad vom Himmelsnordpol für den 47. nördlichen Breitengrad, den südlichsten Punkt Deutschlands), sinken nie unter den Horizont. Diese Sterne nennt man zirkumpolar, wie den Großen Bären oder Kassiopeia für Deutschland. Alle Sterne, die hingegen höchstens 47 Grad vom Himmelssüdpol entfernt sind, gehen über Deutschland nie auf, wie das Kreuz des Südens. Das sind je rund 15 Prozent der gesamten Sterne am Firmament. Die restlichen 70 Prozent der Sterne sind zeitweise zu sehen - je nach Tages- und Jahreszeit, wie der Orion in Winternächten und der Schwan in Sommernächten. Mehr über zirkumpolare und jahreszeitliche Sternbilder findet ihr unter der Rubrik Sternbilder.