Jahreszeiten und Sonnenwenden Warum die Sonne mal hoch, mal tief steht
Die Jahreszeiten auf der Erde entstehen durch die Neigung der Erdachse zur Ekliptik. Dadurch zieht die Sonne am Himmel über uns mal hoch wie zur Zeit der Sommersonnenwende, mal tief wie zur Wintersonnenwende.
Wie sehr uns die Sonne wärmt, hängt davon ab, wie die Erde zur Sonne steht. Dass die Erde sich auf ihrer elliptischen Umlaufbahn mal der Sonne annähert, mal von ihr entfernt, spielt dabei kaum eine Rolle: Den entferntesten Punkt von der Sonne (das Aphel der elliptischen Umlaufbahn), erreicht die Erde Anfang Juli - Hochsommer in Deutschland! Rund 152 Millionen Kilometer ist die Sonne jetzt entfernt, ihr Licht braucht acht Minuten und 27 Sekunden bis zu uns.
Anfang Januar dagegen erreicht uns das Sonnenlicht 17 Sekunden früher, denn wir sind um fünf Millionen Kilometer näher an der Sonne. Doch in diesem so genannten Perihel, dem sonnennächsten Punkt unserer Umlaufbahn mit nur 147 Millionen Kilometern Abstand, herrscht in Deutschland tiefster Winter. Die Jahreszeiten entstehen nicht durch die Entfernung der Erde zur Sonne, sondern durch die Neigung der Erdachse zur Ekliptik - und sie sind um so ausgeprägter, je weiter man vom Äquator entfernt ist.
Winterpunkt: Der Tiefstand der Sonne
Wintersonnenwende
Im deutschen Winter ist die Nordhalbkugel der Erde von der Sonne abgewandt. Deren scheinbare Bahn über den Himmel verläuft so flach, dass sie auch mittags nur 18,5 Grad über den Horizont steigt. Der tiefste Punkt der Sonne, den sie am 21. oder 22. Dezember erreicht, ist die Wintersonnenwende. Die Sonne steht 23,5 Grad (genau: 23°27') südlich des Himmelsäquators im Winterpunkt - man sagt, sie habe eine Deklination von -23,5 Grad. Nur 8,5 Stunden Sonnenlicht gibt es jetzt - der kürzeste Tag im Jahr. Tiefer Sonnenstand und kurze Tage bringen den kalten Winter zu uns. Auf der Südhalbkugel ist jetzt Sommer, die Sonne erreicht dort ihren höchsten Stand im Jahr.
Frühlingspunkt: Zwölf Stunden genau von Ost nach West
Von der Wintersonnenwende an steigt die Sonne täglich höher, die Tage werden länger, bis im Frühlingspunkt der Sonne die Tagundnachtgleiche erreicht ist. Die Sonne geht um 6.00 Uhr auf und um 18.00 Uhr unter. Diesen Punkt, auch Frühlingsäquinoktium oder Widderpunkt genannt, durchläuft die Sonne immer um den 21. März - Frühlingsbeginn! Die Sonne befindet sich genau auf dem Himmelsäquator - an einem der beiden Punkte, an dem die Ekliptik diesen schneidet.
Frühlingspunkt
Die Sonne geht an diesem Tag genau im Osten auf, steht mittags senkrecht über dem Äquator und geht exakt im Westen unter - immer auf der Linie des Himmelsäquators. Wäre die Erdachse nicht geneigt, verliefe die Sonne jeden Tag auf dieser Linie. Doch vom Frühlingsbeginn an wird sie täglich ein Stück weiter nördlich des Äquators stehen und auf- und untergehen (im Hochsommer sogar fast im Nordosten bzw. -westen). Das heißt, sie steigt täglich höher am Horizont - und damit steigen auch die Temperaturen. Vor über 2.000 Jahren lag der Frühlingpunkt übrigens tatsächlich im Sternbild Widder, inzwischen ist liegt er westlich davon im Sternbild Fische. Denn die Erde taumelt.
Sommersonnenwende: Hoch und heiß
Sommerpunkt
Der Sommerpunkt ist das Pendant zum Winterpunkt: Am 21. oder 22. Juni erreicht die Sonne ihren höchsten Stand - 23,5 Grad nördlich des Himmelsäquators. Dadurch klettert sie bei uns mittags 65,5 Grad über den Horizont. Es ist der längste Tag des Jahres, südlich des Äquators hingegen der kürzeste. Lange Tage und steil einfallende Sonnenstrahlen erwärmen unsere Gefilde maximal - es ist Sommer, während auf der Südhalbkugel Winter herrscht. Am Südpol geht die Sonne gar nicht auf, am Nordpol geht sie dafür nicht unter. Im Sommer- und Winterpunkt hat sich die Sonne am weitesten vom Himmelsäquator entfernt - es sind die Wendepunkte ihrer Bahn.
Herbstanfang: Abschied der Sonne
Um den 23. September ist Herbstanfang - Tagundnachtgleiche. Wie ein halbes Jahr zuvor geht die Sonne um 6.00 Uhr genau im Osten auf und um 18.00 Uhr genau im Westen unter (ohne Berücksichtigung der Sommerzeit). Sie befindet sich genau auf dem Schnittpunkt der Ekliptik mit dem Himmelsäquator im Herbstäquinoktium, dem Herbstpunkt, und wechselt auf die südliche Seite des Himmelsäquators: Tagtäglich steht sie jetzt weiter unter dem Äquator - und scheint bis zur Wintersonnenwende täglich ein wenig flacher auf Europa. Die Punkte des Auf- und Untergangs wandern immer weiter nach Süden, bis die Sonne im Winter fast im Südosten bzw. Südwesten den Horizont überschreitet. Der Herbstpunkt wird auch Waagepunkt genannt. Aber auch er ist im Verlauf der letzten zwei Jahrtausende gewandert: Heute liegt er nicht mehr im Sternbild Waage, sondern in der Jungfrau. Übrigens richten sich die Tierkreiszeichen der Horoskope weiterhin nach der früheren Lage der Sternbilder zu Herbst- und Frühlingspunkt. Erreicht die Sonne astronomisch das Sternbild Jungfrau, tritt sie in der Astrologie dagegen gerade ins Sternzeichen Waage.
Die Wendekreise
Wendekreise heißen die beiden Breitengrade nördlich und südlich des Äquators, über denen die Sonne zum Zeitpunkt der Sommer- und Wintersonnenwende im Zenit steht: 23,5 Grad vom Äquator entfernt. Auch am Himmel gibt es die zwei Wendekreise, 23,5 Grad nördlich und südlich des Himmelsäquators. Hier ändert die Sonne ihre Richtung: Bis zur Sommersonnenwende steigt sie jeden Tag höher, bis sie den nördlichen Wendekreis erreicht. Danach steht sie mittags täglich wieder ein Stück südlicher, kreuzt zum Herbstbeginn den Himmelsäquator und erreicht zur Wintersonnenwende genau den südlichen Wendekreis. Der nördliche Wendekreis wird auch "Wendekreis des Krebses" genannt, da der Sommerpunkt früher im Sternbild Krebs lag. Umgekehrt heißt der südliche Wendekreis "Wendekreis des Steinbocks" nach dem früheren Sternbild des Winterpunkts.
Polarkreise
Die Polarkreise sind um den gleichen Winkel (23,5 Grad) von den Polen entfernt, wie die Wendekreise vom Äquator: auf 66,5 Grad Nord oder Süd (90°-23,5°). Hier geht die Sonne zum Zeitpunkt der Sommer- bzw. Wintersonnenwende nicht unter (Polarnacht).