Personalauswahl und Rechtspsychologie Verfahren der Personalauswahl
Von den zahlreichen Verfahren der Personalauswahl soll im Folgenden näher auf Auswahlgespräche, Testverfahren und Assessment Center eingegangen werden.
Auswahlgespräche: Wenn der erste Eindruck zählt
Neben dem Einreichen schriftlicher Bewerbungsunterlagen sind Auswahlgespräche die in Deutschland am weitesten verbreitete Methode, um geeignetes Personal zu finden. Werden solche Gespräche allerdings unstrukturiert geführt und wird die Einstellungsentscheidung allein anhand des Eindrucks gefällt, der dabei entstanden ist, dann gehören Auswahlgespräche zu den unverlässlichsten Auswahlverfahren. Zahlreiche Studien haben bestätigt, dass unstrukturierte Einstellungsinterviews weder objektiv noch reliabel oder valide sind. In erster Linie liegt dies an verschiedensten Urteilsfehlern, wie z.B. Vorurteile, Gedächtnisfehler oder Beeinflussungen durch die Attraktivität des Bewerbers.
Für den Einsatz von Auswahlgesprächen spricht allerdings deren hohe Akzeptanz auf Seiten der Bewerber. Aus diesem Grund hat die Psychologie methodische Richtlinien entwickelt, deren Befolgung es erlaubt, Einstellungsinterviews mit einer erstaunlich hohen prognostischen Güte durchzuführen. Solche Auswahlgespräche hängen nicht mehr von der Willkür des Interviewers aber, sondern sind klar strukturiert.
Ein Beispiel für eine solche Vorgehensweise ist das multimodale Einstellungsinterview. Sein siebenstufiger Verlauf integriert sowohl Phasen des freien Gesprächs wie auch solche Phasen, in denen nach Eigenschaften und Verhaltensweisen des Bewerbers gefragt wird. Durch klare Vorgaben, wie die Antworten der Kandidaten zu beurteilen sind, wird eine hohe Objektivität erreicht und damit die Grundlage für eine ebenfalls hohe Vorhersagegüte (prognostische Validität) gelegt.
Testverfahren: Lässt sich Berufserfolg vorhersagen?
Um die prognostische Validität der Personalauswahl weiter zu erhöhen, werden neben einem Einstellungsinterview inzwischen häufig auch psychometrische Testverfahren eingesetzt. Dies können beispielsweise allgemeine Intelligenztests, Tests der Aufmerksamkeit und der Konzentration, spezifische Leistungstests sowie berufsbezogene Persönlichkeitstests sein.
Umfangreiche Studien, so genannte Metaanalysen, konnten zeigen, dass insbesondere die allgemeine Intelligenz ein sehr guter Prädiktor für den späteren Berufserfolg ist. Im Grunde genommen ist dies nicht weiter erstaunlich, denn die Intelligenz ist eine Voraussetzung dafür, sich ausreichendes berufliches Wissen aneignen zu können. Gerade in unserer Zeit, in der viele im Laufe ihres Erwerbslebens mehrere Berufe erlernen müssen, oder aber auch innerhalb eines Berufes einen rasanten technologischen Wandel zu bewältigen haben, ist die Intelligenz eine der bedeutsamsten Persönlichkeitseigenschaften.
Neben der Intelligenz hat sich insbesondere die Persönlichkeitseigenschaft der Gewissenhaftigkeit als bedeutsam für den späteren Berufserfolg herauskristallisiert. Wie gewissenhaft ein Mensch ist, lässt sich allerdings noch nicht so eindeutig und sicher feststellen wie bei der Intelligenz. Zudem stoßen berufsbezogene Persönlichkeitstests nur auf eine geringe Akzeptanz bei den Bewerbern.
Jedes der bis hierhin geschilderten Verfahren hat Vor- und Nachteile und klärt jeweils nur einen Teil der Unsicherheit auf, die mit einer jeden Personalentscheidung verbunden sind. Das Assessment Center hingegen versucht, durch einen integrativen Ansatz zu verlässlicheren Urteilen zu gelangen.
Assessment Center: Konkurrenz und Kooperation
Ein Assessment Center (englisch: "assess" = bewerten) ist ein multiples, multimodales Verfahren der Berufseignungsdiagnostik. Übersetzt man diese prägnante, aber komplizierte Ausdrucksweise, so bedeutet dies nichts anderes, als dass mehrere Tests zusammengefasst werden, um verschiedene Aspekte der Berufseignung zu erfassen.
Ein weiterer Unterschied des Assessment Centers zu den anderen Verfahren besteht darin, dass mehrere Personen gleichzeitig daran teilnehmen und in einzelnen Aufgaben miteinander konkurrieren oder auch agieren müssen. Die gestellten Testaufgaben sollten für den entsprechenden Beruf relevant sein, so dass dem Assessment Center ein arbeitsprobenartiger Charakter zukommt. Die Leistungen der Bewerber werden von mehreren Beobachtern anhand standardisierter Protokollbögen erfasst, so dass eine möglichst hohe Objektivität gewährleistet ist.
Typische Aufgaben bei einem Assessment Center
- Postkorbübungen, bei denen man in begrenzter Zeit Entscheidungen treffen, Termine koordinieren und Anweisungen für Mitarbeiter verfassen muss;
- Vorträge oder Präsentationen, bei denen über ein vorgegebenes Thema oder manchmal auch über die eigene Person referiert werden muss;
- Gruppendiskussionen, die von den Teilnehmern beispielsweise verlangen, dass für ein bestimmten Problem eine gemeinsame Lösung gefunden wird;
- Rollenspiele, in denen man eine für den Beruf charakteristische schwierige Situation bewältigen muss;
- Fähigkeits-, Leistungs-, Persönlichkeits- und Interessenstests.
Selbstverständlich kann es bei der Zusammenstellung dieser Aufgaben je nach Berufsfeld und Qualifikationsanspruch Variationen geben.
Ist ein Assessment Center gut konstruiert, dann gehört es zu den besten Personalauswahlverfahren, die es derzeit gibt. Allerdings ist kritisch anzumerken, dass viele Assessment Center im "Hauruck-Verfahren" erstellt und zu unrecht von den Auftraggebern mit viel Geld bezahlt werden. Denn: Assessment Center gehören zu den teuersten Verfahren der Personalauswahl. Auch hier kann die DIN 33430 zur berufsbezogenen Eignungsdiagnostik einen wichtigen Beitrag leisten, damit Arbeitgeber ihr Geld nicht an dubiose Personalagenturen verschleudern, sondern stattdessen qualitativ hochwertige Assessment-Leistungen einkaufen.